1. Transparentes Beschwerdeverfahren
Voraussetzung für eine transparente Bearbeitung ist ein festgelegtes, internes Verfahren zum Umgang mit Beschwerden. Dazu bedarf es einer Verständigung über das Verfahren, welches als Standard für die Beratungsstelle festgeschrieben ist.
Die Informationen zu diesem Verfahren werden sowohl intern als auch nach außen transparent und leicht zugänglich gemacht. Dabei werden Eingangswege für Beschwerden, Bearbeitungsschritte, Zuständigkeiten sowie Informations- und Dokumentationspflichten beschrieben.
2. Beschwerdeführende und Inhalte von Beschwerden
Beschwerdeführende können sein
- Ratsuchende (Einzelpersonen, Institutionen)
- Andere betreuende Personen oder Hilfesysteme, mit denen die Ratsuchenden in Verbindung stehen
- Mitarbeitende der Beratungsstelle
- Dritte (Öffentlichkeit, Kooperationspartner)
Der Inhalt von Beschwerden kann sich beziehen auf
- Den Beratungsprozess, Schulungen, Info-Abende
- Das Verhalten einer Beraterin/ eines Beraters
- Das Verhalten von Vorstandsmitgliedern
- Strukturen innerhalb der Beratungsstelle
- Interne Abläufe und Prozesse
- Dienstleistungen freier Mitarbeitender (Supervision)
3. Zugangswege / Möglichkeiten sich zu beschweren
Eine Beschwerde bedarf eines namentlichen Absenders, damit sie gemäß dem Verfahren bearbeitet werden kann und sie muss konkret benennen, auf wen oder was sich die Beschwerde bezieht.
Die Beschwerde kann telefonisch, in persönlichem Schreiben, per E-Mail und im persönlichen Kontakt (face-to-face) erfolgen und ist an die Leiterin der Beratungsstelle oder den Vorstand zu richten.
Nicht jede Unzufriedenheit oder (kurzfristiger) Ärger erfordert eine Beschwerde, sondern lässt sich oftmals im Dialog und informell zur Zufriedenheit aller Beteiligten lösen. Daher wird auch auf diese Möglichkeit hingewiesen.
Die Mitarbeitenden der Beratungsstelle als potenzielle Adressaten von Unzufriedenheitsbekundungen und kritischen Feedbacks haben das im Blick und erfragen ggf. bei der/ dem Betreffenden, ob tatsächlich eine Beschwerde angestrebt wird.
Ananyme Beschwerden werden dem Vorstand zur Kenntnis gegeben, in der Regel aber nicht weitergehend bearbeitet. Sofern eine anonyme Beschwerde sich auf eine konkrete Person bezieht, wird die Beschwerde mit dieser Person besprochen im Hinblick darauf, ob sie einen realen Gehalt hat.
4. Ablauf nach Eingang einer Beschwerde
Bei jeder Beschwerde wird ein Formular zur Erfassung von der Leiterin der Beratungsstelle (sofern nicht selbst betroffen) oder einem Vorstandsmitglied (sofern nicht selbst betroffen) ausgefüllt und anschließend immer allen Vorstandsmitgliedern vorgelegt.
Bei schriftlichen Beschwerden wird das Schreiben dem Formular hinzugefügt.
Bei mündlichen Beschwerden wird eine Notiz zum Inhalt und Anlass der Beschwerde dem Formular beigefügt.
Die Beschwerde führende Person erhält innerhalb von 10 Arbeitstagen eine schriftliche Bestätigung, dass die Beschwerde angekommen ist, ernst genommen und nach einem internen Verfahren bearbeitet wird. Zudem wird darum gebeten für Rückfragen zur Verfügung zu stehen.
Eine Beschwerde muss innerhalb von 6 Wochen abgeschlossen werden.
Bezieht sich die Beschwerde auf Mitarbeitende, nimmt der Vorstand Rücksprache mit der / dem Mitarbeitenden, über die / den die Beschwerde geführt wird, nachdem eine Schweigepflichtserklärung der Beschwerde führenden Person vorliegt.
Gleiches gilt bei Beschwerden von Mitarbeitenden über Kolleg*innen.
Bei Beschwerden über ein Vorstandsmitglied erfolgt die Bearbeitung durch ein nichtbetroffenes Vorstandsmitglied.
Alle Personen, auf die sich eine Beschwerde bezieht, sind verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen an der wahrheitsgemäßen Aufklärung mitzuwirken.
5. Bewertung von Beschwerden im Kontext der institutionellen Beratung
Beratung ist eine mehrdimensionale Dienstleistung von Menschen an Menschen und daher nicht in allen Dimensionen mit harten Kennzahlen messbar. Folglich gibt es auch für die Bewertung von Beschwerden keine eindeutigen und allgemein gültigen Kriterien.
Das Ausmaß des Schadens für Betroffene entscheidet über den Schweregrad eines Fehlers.
Es gibt geringfügige Fehler, für die sofort Abhilfe geschaffen werden kann. Andere Fehler lösen bei den Betroffenen zwar Unzufriedenheit und Ärger aus, können aber z.B. in einem direkten Gespräch zufriedenstellend gelöst und niedrigschwellig behoben werden. In der Regel entsteht in solchen Fällen kein Schaden im eigentlichen Sinne und es wird auch von den Betroffenen subjektiv keine Schädigung erlebt.
Es kann jedoch zu Situationen kommen, in denen durch strukturelle Gegebenheiten oder ein bestimmtes Verhalten Schaden bei Betroffenen verursacht wird. Das ist dann der Fall, wenn Menschen, die die Leistung der Beratungsstelle in Anspruch nehmen, in ihren Erwartungen enttäuscht werden, die auf den Informationen zu Grundwerten, fachlichen Konzepten und Arbeitsabläufen der Beratungsstelle basieren.
Schaden wird insbesondere verursacht bei Verletzungen berufsethischer Standards, bei Übergriffen jeglicher Art, bei Verletzungen des Datenschutzes.
Einordnung und Gewichtung von Beschwerdegründen
Die Bewertung und weitere Bearbeitung von Beschwerden erfolgt als interner Prozess durch die Leiterin der Beratungsstelle und Vorstandsmitglieder. Zur Berücksichtigung von fachlichen und berufsethischen Standards kann eine externe Expertise eingeholt werden.
Einordnung und Gewichtung aus fachlicher Sicht :
- Ergibt sich die Beschwerde aus fachlichen Vorgaben, interner Arbeitsabläufe oder aus strukturellen, organisatorischen Gegebenheiten der Beratungsstelle ?
- Ergibt sich die Beschwerde aus dem beruflichen Verhältnis z.B. durch eine nicht optimale fachliche Intervention im Beratungsprozess, durch ungünstiges Verhalten im beruflichen Umgang oder erklärt sie sich im Kontext eines Beziehungsproblems ?
Einordnung und Gewichtung aus juristischer Sicht :
- Ergibt die Beschwerde einen Hinweis auf einen Fehler bzw. Fehlverhalten, ohne dass die Schwelle zum Verstoß gegen berufsethische oder berufsrechtliche Standards überschritten wird ?
- Ergibt die Beschwerde einen Hinweis auf eine Fehler bzw. Fehlverhalten, der einen Verstoß gegen berufsethische oder berufsrechtliche Standards darstellt ?
Mögliche Ergebnisse des Prüfungsprozesses :
- Die Beschwerde kann berechtigt oder unberechtigt sein.
- Der Beschwerdegrund kann beseitigt werden oder auch nicht.
- Der Beschwerdegrund enthält Anhaltspunkte für ein minderschweres Fehlverhalten oder für ein gravierendes Fehlverhalten.
- Der Beschwerdegrund erfordert keine dienstrechtlichen oder darüber hinausgehende Konsequenzen oder eben doch.
6. Abschließende Bearbeitung einer Beschwerde
Nach erfolgter interner Prüfung und Bewertung einer Beschwerde geht es im weiteren Ablauf um die Vermittlung und Kommunikation von Ergebnissen und Konsequenzen.
Dabei ist sorgfältig abzuwägen, wie die Kommunikation mit den einzelnen Beteiligten gestaltet werden soll.
Der Vorstand prüft zudem, inwieweit eine Information der anderen (nicht beteiligten) Mitarbeitenden der Beratungsstelle erforderlich ist. Dies zielt darauf ab, Orientierung und Handlungssicherheit zu geben, z.B. was den internen kollegialen Umgang und die Zuständigkeiten für die eventuelle Kommunikation nach außen betrifft. Dabei ist die angemessene Balance zwischen Transparenz und Persönlichkeitsschutz zu beachten.
Die abschließende Beantwortung der Beschwerde erfolgt unter Berücksichtigung der Komplexität der zu klärenden Sachverhalte und der einzubeziehenden Ebenen durch ein Vorstandsmitglied. Der/die Beschwerdeführende erhält eine individuelle Rückmeldung, die in der Regel schriftlich erfolgt.
Sachliche Gründe für das Verhalten von Mitarbeitenden / Vorstand oder relevante strukturelle Gegebenheiten werden nachvollziehbar erläutert und eventuelle, der Beschwerde zugrunde liegende Missverständnisse benannt und berichtigt.
Verbesserungsmaßnahmen werden möglicherweise zugesagt.
Der Vorstand kann eine Gesprächsmöglichkeit anbieten, welche im Sinne einer Mediation oder Schlichtung moderiert wird, wenn beide Seiten zustimmen.
Bei fehlerhaftem Verhalten wird eine Korrektur des Verhaltens zugesichert. Ggf. wird ein Wechsel zu einer anderen Person angeboten.
Zeitnah sind weitere Schritte zu prüfen und einzuleiten mit dem vorrangigen Ziel, (weiteren) Schaden abzuwenden, Wiederholungen zu verhindern und (weiteren) Fehlern vorzubeugen.
Ergibt die Bearbeitung der Beschwerde, dass sie aus Sicht der Beratungsstelle nicht berechtigt ist, wird dies der Beschwerde führenden Person mit einer nachvollziehbaren Begründung mitgeteilt. Es erfolgt eine zeitnahe Rehabilitation gegenüber allen Beteiligten durch den Vorstand.
Die Bearbeitung der Beschwerde ist abgeschlossen, wenn
- Der Sachverhalt geklärt ist
- Die Beschwerdeführenden eine Rückmeldung erhalten haben
- Über die Konsequenzen innerhalb der Beratungsstelle entschieden wurde
- Eine (eventuell notwendige) Rehabilitation durchgeführt wurde.
7. Dokumentation und Aufbewahrung
Der Vorstand stellt sicher, dass alle Beschwerden und die in diesem Kontext stattfindenden Gespräche protokolliert und dokumentiert werden. Auch die daraufhin getroffenen Maßnahmen werden dokumentiert.
Beschwerden mit persönlichen Daten und ihre Handhabung unterliegen dem Datenschutz.